Der Flugplatz des Aero-Club Rothenburg o.d. Tauber e.V. ist ein beschaulicher Ort. Ab und an landet hier eine Zweimotorige und in der Garage schlummert ein alter VW Bus als Feuerwehrauto vor sich hin. Eine perfekte Idylle. Bis zu jenem Morgen des 14. September, als ein schwarzer Blitz in Gestalt des Heidl 997 Turbo die Landebahn heimsucht und Geschichte schreibt. Denn an diesem Tag beschleunigt der 540 PS starke Heidl 997 Turbo schneller von null bis 100 km/h als je ein straßenzugelassener Porsche vor ihm auf der Welt: in sagenhaften 3,24 Sekunden. Sie glauben’s nicht? Noch mal zum Mitschreiben: Drei-komma-zwei-vier-sekunden-von-null-bis-hundert. Wahnsinn!

Testfahrer Sebastian Schneider montiert die Messtechnik.
Rückblende: Es ist 8.30 Uhr morgens, als unser Testfahrer mit breitem Grinsen am Rand der 950 Meter langen Startbahn wartet. Die Sonne scheint, aber es ist frisch. 13 Grad Celsius zeigt das Thermometer. Eine herrliche, sauerstoffreiche Luft – ideal für Turbomotoren … "Na, was gibt’s zu grinsen?", frage ich, während er lässig den Laptop aufklappt und auf eine Zahlenreihe deutet. "Wir haben einen neuen Rekordhalter im Sprint: fünf Versuche, alle um 3,2 Sekunden." Rummmms! Das sitzt. Nach einem kurzen (positiven) Schock kommen erste Zweifel auf: Wie bitte schafft ein in erster Linie über die Elektronik modifizierter Turbo mit 60 PS mehr Leistung, Metallkats und Semislicks solch eine phänomenale Zeit – und nimmt dazu dem nicht gerade lahmen 911-Werksturbo (3,7s) fünf Zehntel ab?

Endloser Schub ohne Traktionsprobleme

"Das kann nicht sein …" Selbst ist der Mann. Also noch mal Messgerät anbringen, justieren und ab auf die Piste. Reifen auf Temperatur bringen, dann gilt’s. Dank Tiptronic ein Kinderspiel, denke ich. Der erste Versuch misslingt. Die Anfahrdrehzahl von 3500 Touren ist zu hoch, beim Lösen der Bremse sackt die Drehzahl trotz durchgepresstem Gaspedal ab: "nur" 4,4 Sekunden stehen zu Buche. Dank der beiden Serienlader mit variabler Turbinengeometrie – die der Tuner nicht austauscht, deren Ladedruck er um 0,2 Bar erhöht – liegt bereits bei 1950 Touren das volle Drehmoment von 705 Newtonmetern (Serie 620 Nm) an. Also sollte es auch mit weniger Drehzahl klappen. Der zweite Versuch. Sporttaste drücken, Wählhebel auf "D", linken Fuß auf die Bremse, rechts das Gas auf 2400 bis 2500/min einnorden und – Feuer frei!

Wahnsinn: In 3,24 Sekunden ist der Heidl RHT 540 auf 100 km/h.
Wie aus der Armbrust geschossen rast der Heidl davon: … 90, 100 … 150, … 200, 210 … – der Schub hört nicht auf, lediglich die kurze Landebahn zwingt zum Bremsen. Schlupf? Pah, kein Thema. Nicht mal ein Quentchen durchdrehende Reifen beim Anfahren – trotz Vollgas bis zum Bodenblech. Der Puls schlägt hoch, was sagt der Computer? Triumph und Bestätigung: 3,26 Sekunden. Noch dreimal gelingt danach eine Zeit zwischen 3,2 und 3,4 Sekunden. Der künftige Besitzer kann sich freuen, außerhalb der Formel 1 hat er nur wenige "Ampelgegner" zu fürchten.

Dabei bleibt das Beschleunigungsmonstrum äußerlich dezent. Lediglich die Rennsportflair vermittelnden BBS-Le-Mans-Räder, eine Fronstpoilerlippe und die gelben Sättel der optionalen Porsche-Keramikbremse künden vom Tiger unterm Blechdach. Probleme bereitet dem ganz auf Performance abgestimmten Testwagen nur die Autobahn: Die Kombination aus verändertem Sturz und breiten Semislicks sorgt für extrem unruhigen Geradeauslauf – und Atemaussetzer beim Fahrer, wenn bei 270 Sachen kleine Bodenwellen zur Sprungschanze mutieren. Doch, was soll’s. Schließlich gehört der Heidl Turbo sowieso in höhere Sphären – zumindest aber auf einen Flugplatz.